2016-10-18

#Guest Contribution: Der Terror in Deinem Netzwerk

Darf Irland Steueroase für IT-Konzerne sein? Ist der Brexit eine Gefahr für die Digitalwirtschaft? Helfen Social-Media-Konzerne bei der Terrorismus-Bekämpfung? In einer Serie beleuchten wir in Kooperation mit unserem Medienpartner euro|topics, wie der Diskurs zu Fragen der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft auf der Grünen Insel und europaweit geführt wird. Bis zur #rpDUB bloggt euro|topics hier alle zwei Wochen zu brandaktuellen Fragen.

Sie sitzen auf Quellen, die für Polizei und Geheimdienste aller Länder besonders interessant sind: Soziale Netzwerke werden von terroristischen Organisationen, etwa der IS-Miliz, vielfach für die Kommunikation benutzt. Sie verbreiten Propaganda, rekrutieren neue Kämpfer oder geben per Chat gezielt Anweisungen für Anschläge in Europa. Inwiefern also arbeiten Social-Media-Konzerne mit den Sicherheitsbehörden zusammen?

Zumindest nicht so, wie es sich diese wünschen würden. Ein Report, den der Innenausschuss des britischen Parlaments im August dieses Jahres veröffentlicht hat, wirft sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und YouTube ein bewusstes Versagen im Kampf gegen Terrorismus vor, so die Financial Times. Die Nutzung des Internets durch Terroristen sei eine der "größten Bedrohungen für das Vereinigte Königreich". Die Anzahl der Mitarbeiter, die Social-Media-Konzerne für die Überwachung bedenklicher Inhalte beschäftige, sei viel zu gering. Auch die US-Regierung sucht Wege, um der Gefahr aus den Netzwerken zu begegnen, und lud Social-Media-Firmen im Januar und Februar ein, um über Wege der verstärkten Zusammenarbeit zu beraten – offenbar noch mit wenig Erfolg.

Natürlich lassen die Unternehmen die Vorwürfe nicht gern auf sich sitzen. Sie weisen sie regelmäßig zurück, indem sie angeben, wie viele Nachrichten und Profile sie bereits gelöscht hätten. Doch offenbar fühlen sich Terroristen noch nicht wirklich bedroht in den sozialen Netzwerken, denn sie nutzen sie munter weiter. Terrorismusfinanziers, die auf einer schwarzen Liste der US-Regierung stehen, eröffneten laut dem Wall Street Journal etwa einfach neue Accounts, nachdem ihre alten gelöscht wurden. Diese nutzten sie dann weiter zum Fundraising.

Möglicherweise ist das Löschen von Inhalten und Profilen aber auch gar nicht unbedingt der wirkungsvollste Ansatz, um Terrorgruppen zu bekämpfen oder gar Anschläge zu verhindern – vor allem, da viele Propagandanachrichten massenhaft von Bots und nicht von Menschen versendet werden. Der Flut ist also kaum beizukommen. Eine persönliche Ansprache von Personen in sozialen Netzwerken, die Radikalisierungstendenzen zeigen, könnte effektiver sein – wenn sie großflächig angewendet werden würde.

Über einen anderen Ansatz berichtete das Wissenschaftsmagazin Science im Juni. Wissenschaftler fanden heraus, dass Daten aus sozialen Netzwerken einen Hinweis darauf geben könnten, wann ein Anschlag bevor steht. Soziale Netzwerke könnten damit zu einem Frühwarnsystem für terroristische Anschläge werden.

Die Überwachung von Inhalten sozialer Netzwerke und Messenger-Dienste durch Sicherheitsbehörden und die Zusammenarbeit der Anbieter mit jenen ruft allerdings auch Bedenken bezüglich des Datenschutzes hervor. Denn wenn alle das Internet zur Kommunikation nutzen, tun es die Terroristen natürlich auch. Wenn es allerdings um die Sicherheit geht, finden es gut ein Drittel der InternetnutzerInnen aus den USA, Großbritannien und Deutschland nicht so schlimm, dass der Staat Daten aus sozialen Netzwerken abgreift, wie der aktuelle Consumer Openness Index zeigt.

Bildernachweis: Surian Soosay (CC BY 2.0)

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