2016-09-29

#Guest Contribution: Geldsegen wider Willen

Darf Irland Steueroase für IT-Konzerne sein? Ist der Brexit eine Gefahr für die Digitalwirtschaft? Helfen Social-Media-Konzerne bei der Terrorismus-Bekämpfung? In einer Serie beleuchten wir in Kooperation mit unserem Medienpartner euro|topics, wie der Diskurs zu Fragen der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft auf der Grünen Insel und europaweit geführt wird. Bis zur #rpDUB bloggt euro|topics hier alle zwei Wochen zu brandaktuellen Fragen.

Man stelle sich vor, die eine wirklich bedeutende Institution, so etwas wie die Regierung Europas, würde einen sehr wohlhabenden US-IT-Konzern dazu verdonnern, sehr viel Geld an ein kleines EU-Land zu zahlen. Und dieses Land würde sich mit Händen und Füßen gegen dieses Geld wehren. Unvorstellbar?

Natürlich nicht. Denn genau so hat sich die Geschichte zugetragen. Am 30. August verkündete EU-Wettbewerbskommentarin Margrethe Vestager auf Twitter, dass Apple jahrelang von Steuervereinbarungen profitiert hat, die in Wahrheit eine verkappte staatliche Beihilfe gewesen seien. Sie verdonnerte den US-Konzern deshalb dazu, 13 Milliarden Euro an Irland zurück zu zahlen. 

Und das war offenbar nur der Anfang. Denn die Kommissarin hat bereits angekündigt, dass sie noch weitere US-Unternehmen auf ihrer Fahndungsliste hat. Zum Beispiel Amazon oder McDonald's. Schon zittern die Konzerne und forderten deshalb Mitte September in einem Schreiben an die EU, die Entscheidung gegen Apple zurück zu nehmen. 

Doch auch in Irland ist man von der Forderung der EU überhaupt nicht begeistert. Irlands Finanzminister Michael Noonan kündigte kurz nach der Entscheidung der EU-Kommission an, Rechtsmittel dagegen einzulegen. Das Parlament stimmte dem zu. Irland protestiert damit gegen einen Geldsegen, den es  gut gebrauchen könnte, so sieht es die Tageszeitung Irish Examiner und fragt sich, ob die Politiker noch ganz bei Trost sind.

Doch warum will der oberste Schatzmeister der Iren das Geld eigentlich nicht? Nun, er sieht ganz einfach seine Wettbewerbsvorteile davonschwimmen, sollte Irland wie jedes andere EU-Land auch angemessene Steuern von Konzernen wie Apple einfordern. Oder, wie die Irish Times schreibt: In Berufung zu gehen gegen die Entscheidung der EU-Kommission ist für Irland alternativlos, denn schließlich steht sein Image als attraktiver Investitionsstandort auf dem Spiel.

Apples Sicht auf die Dinge ist klar: Das Unternehmen will keine Steuern nachzahlen, schließlich habe man sich an Recht und Gesetz gehalten. Und wie soll man in Zukunft Investitionen planen, wenn man als Konzern nicht weiß, ob man irgendwann in der Zukunft mit Steuerforderungen seitens der EU belästigt wird? Das Wirtschaftsmagazin The Economist gibt Apple in diesem Punkt Recht und erklärt, was die Kommission stattdessen tun könnte, um für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen.

Es geht in dem ganzen Drama natürlich nicht nur um Irland. Es geht auch nicht um Apple. Es geht, wie immer, wenn ein Konflikt rettungslos verworren erscheint, um viel viel mehr. Zum Beispiel um die EU, die mit schwindendem Ansehen ihrer Bevölkerung zu kämpfen hat und die hofft, mit dem Kampf gegen den US-Giganten Apple ein paar Sympathiepunkte zurückzugewinnen. Die EU braucht Erfolge und Irland braucht Apple. Irland braucht aber auch die EU, weshalb der Irish Independent davor warnt, es sich gleich ganz mit ihr zu verscherzen.

Wie die Geschichte letztlich endet? Der Steuerstreit zwischen Apple und der EU wird wohl vor Gericht weiter verhandelt und sich dort vermutlich jahrelang hinziehen.

Bildernachweis: www.directline.com (CC BY 2.0)

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